Der Burgenlandkreis stellt untragbare Bedingungen, um den Betrieb der Naumburger Straßenbahn als Bestandteil eines attraktiven öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) dauerhaft zu sichern. Eine Wahrnehmung seiner Verantwortung als Aufgabenträger für den ÖPNV hat der Burgenlandkreis davon abhängig gemacht, dass er die Naumburger Straßenbahn GmbH (NSB) als Gesellschafter kontrollieren kann. Damit will der Burgenlandkreis nach eigener Aussage verhindern, dass aus der NSB heraus weiterhin Vorschläge für eine Verbesserung des Verkehrsangebots öffentlich vorgetragen werden. Insbesondere soll die NSB nicht mehr einen zukünftigen 15-Minuten-Takt vorschlagen, obwohl dieser für viele Pendler ein Segen wäre und auch wirtschaftlich sinnvoll wäre. Von den aktuellen privaten Gesellschaftern erwartet der Kreis, dass diese ihm die Gesellschaft quasi schenken. Einen nach allgemein anerkannten Maßstäben berechneten Kaufpreis für die wertvollen Fahrzeuge der NSB lehnt der Burgenlandkreis ab. Die NSB kann zu einem solchen Angebot nicht die Hand reichen. Dazu die Geschäftsführer Andreas Plehn und Andreas Messerli: „Der Burgenlandkreis stellt uns vor die Wahl, entweder die Straßenbahn steht vor dem Aus oder wir schenken das Unternehmen dem Burgenlandkreis und geben uns mit der aktuellen Qualität des Stadtverkehrs Naumburg zufrieden. Damit sind wir nicht einverstanden. Die Zukunft der NSB ist damit offen. Wir kämpfen weiter, weil wir an die Zukunft dieses wichtigen Verkehrsmittels glauben.“

Die Naumburger Straßenbahn – bisher eine Erfolgsgeschichte

Die Naumburger Straßenbahn GmbH (NSB) hat im Jahr 2007 nach einem Wiederaufbau eines Teilabschnitts des Straßenbahn-Ringes den öffentlichen Linienverkehr zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt aufgenommen. Sie tat dies ohne eine Mitfinanzierung des Burgenlandkreises, wie er z.B. für seinen kommunalen Busbetrieb üblich ist. Dank der Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt konnte die Naumburger Straßenbahn in die ÖPNV-Landesförderung aufgenommen werden, die Stadt Naumburg leistet seitdem regelmäßig ihren Beitrag zur Wartung und Pflege der Infrastruktur. Die unüblich tiefen Löhne des Personals, die Fahrgelderlöse, die Einnahmen aus vielen Sonderfahrten, Spenden und sparsamste Wirtschaftsführung ermöglichten jeweils einen ausgeglichenen Haushalt. Der Straßenbahnbetrieb zwischen Hauptbahnhof und Salztor wurde zu einem weit über die Region hinaus anerkannten, wertgeschätzten ÖPNV und zu einem Sympathieträger des Burgenlandkreises und der Stadt Naumburg. 2023 konnten 238.000 Fahrgäste auf 2,8 km Streckenlänge gezählt werden, ein neuer Rekord, der die eigenen Erwartungen übertrifft. Und die Zahlen wachsen weiter.  

Ein mit renommierten Planungsbüros erarbeitetes Entwicklungskonzept sieht nicht nur das Potential von jährlich 460.000 Fahrgästen, sondern auch eine deutlich steigerbare Wirtschaftlichkeit bei einer Taktverdichtung für die Zuganschlüsse in und aus Richtung Leipzig und Halle. In Naumburg hält im Mittel alle 6 Minuten ein Zug, nur die Züge in und aus Richtung Erfurt und Saalfeld haben derzeit einen akzeptablen ÖPNV-Anschluss im Halbstundentakt.

Um die Finanzierung langfristig zu sichern, hat die Geschäftsführung der Naumburger Straßenbahn seit 2019 den Burgenlandkreis um Gespräche für einen Öffentlichen Dienstleistungsauftrag (ÖDA) als Basis für eine EU-konforme Mitfinanzierung gebeten. 2022 bestätigte der Burgenlandkreis erstmals, dass die Naumburger Straßenbahn kein touristisches Freizeitangebot, sondern klassischer ÖPNV ist. Für die Sicherstellung des ÖPNV ist nach dem ÖPNV-Gesetz von Sachsen-Anhalt der Burgenlandkreis als Aufgabenträger zuständig. In Erwartung eines Kreistagsbeschluss zur Vergabe eines ÖDA an die NSB übernahm die Stadt Naumburg für das Jahr 2023 einen zusätzlichen Ausgleichsbedarf. Erst im März 2023 wurden die Gespräche mit dem Burgenlandkreis konkreter. Am 5. Februar 2024 haben die Gespräche ein vorläufiges Ende gefunden, weil der Burgenlandkreis die Mitfinanzierung der Straßenbahn an untragbare Bedingungen knüpft.  

Burgenlandkreis nimmt jetzt das Ende der Naumburger Straßenbahn als Verkehrsträger im ÖPNV billigend in Kauf

Kontrolle über die Naumburger Straßenbahn GmbH durch den Kreis soll der Verhinderung eines 15 Minuten-Takts zwischen Hauptbahnhof und Innenstadt dienen

Der Burgenlandkreis macht die Mitfinanzierung der Betriebskosten der NSB davon abhängig, dass er die NSB als Gesellschafter kontrollieren kann. Diese Verknüpfung ist sachwidrig. Das einschlägige EU-Recht lässt es zu, dass der Kreis mit der NSB einen Vertrag abschließt, ohne selbst Gesellschafter zu sein. In vielen Regionen des Landes ist dies üblich im Busverkehr. Fazit: Der Burgenlandkreis muss nicht zwingend Gesellschafter werden. Der Landkreis begründet das gegenüber der NSB, verhindern zu wollen, dass aus der NSB heraus weiterhin Vorschläge für eine Verbesserung des Verkehrsangebots öffentlich vorgetragen werden. Insbesondere soll die NSB nicht mehr einen zukünftigen 15 Minuten-Takt vorschlagen. Angesichts des bevorstehenden Anschlusses der S-Bahn, der hervorragenden Zuganbindung Naumburgs, des überquellenden P+R-Parkplatzes am Hautbahnhof und der touristischen Bedeutung der Saale-Unstrut-Region ist dies ein Signal gegen eine erfolgreiche Entwicklung des ÖPNV und gegen einen nachhaltigen Tourismus.

Naumburger Straßenbahn GmbH soll ihr Betriebsvermögen dem Burgenlandkreis schenken

Der Burgenlandkreis will einerseits die NSB zum Verkauf von Gesellschafteranteilen drängen und lehnt es andererseits ab, einen angemessenen Kaufpreis für das Betriebsvermögen zu entrichten, der nach allgemein anerkannten Maßstäben berechnet wird. Allerdings verfügt die NSB über einsatzbereite Fahrzeuge in hervorragendem Zustand, die einen entsprechenden Wert haben. Wir haben dem Kreis angeboten, dass er mit der NSB einen Vertrag abschließen kann. Dann ist kein Erwerb von Gesellschaftsanteilen erforderlich.

Naumburger Straßenbahn ist bald gezwungen, aus der Anerkennung des Deutschland-Tickets auszusteigen

Da der NSB eine dauerhafte Basisfinanzierung fehlt, kann sie das Deutschland-Ticket bald nicht mehr akzeptieren. Dies widerspricht unserer innersten Überzeugung, gerade in diesen Zeiten ein gesellschaftlich erfolgreiches Angebot einzustellen. Doch für mehr als die Hälfte der Fahrgäste, die in der Straßenbahn das Deutschland-Ticket nutzen, erfolgt zurzeit kein finanzieller Ausgleich. Dies ist bei fehlender Perspektive nicht mehr lange zumutbar.

Zwar kann, dank eines zusätzlichen Beitrags der Stadt Naumburg, das heutige Fahrplanangebot der Straßenbahn noch über das Jahr 2024 gerettet werden, aber die Zukunft der NSB ist ab 2025 offen.

Naumburger Straßenbahn GmbH setzt sich weiter ein – im Interesse der Fahrgäste

Die Naumburger Straßenbahn wird sich mit der aktuellen Situation nicht abfinden und weiterhin für den Erhalt und den Ausbau einer leistungsstarken Straßenbahn im ÖPNV in Naumburg einsetzen. Die Fortsetzung fairer und zukunftsgerichteter Gespräche zu einer Mitfinanzierung durch den Burgenlandkreis wären ein positives Signal für eine dauerhafte Sicherung des täglichen Straßenbahnverkehrs. Dazu sind die Geschäftsführer bereit.

Quelle: Naumburger Straßenbahn GmbH

Zur Pressemitteilung des Landratsamtes Burgenlandkreis gelangen Sie hier:

Langfristige Finanzierung für die Naumburger Straßenbahn im ÖPNV vorerst fehlgeschlagen

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